Industrie 4.0 in der Spritzgussproduktion | AISEMO Blog

Ungeplante Stillstände im Spritzguss mit digitalen Lösungen vermeiden

Geschrieben von Marco Kner | Jul 18, 2022 12:30:00 PM

In der Spritzgussproduktion sind Fehler bei Werkzeug, Material oder Maschine die häufigsten Ursachen für Ausschuss oder Stillstände. Schätzungen zufolge stehen Spritzgießmaschinen bis zu einem Viertel der geplanten Produktionszeit still.

Ursachen für Maschinenstillstände im Spritzguss

Häufige Gründe für Maschinenstillstände sind beispielsweise:

  • eine zu hohe oder zu niedrige Einspritzgeschwindigkeit
  • die Massetemperatur oder die Schmelztemperatur stimmen nicht
  • die Zuhaltekraft, der Nachdruck oder die Nachdruckzeit sind nicht korrekt
  • das Massepolster bewegt sich außerhalb der Toleranz

Um die Fertigung produktiver zu gestalten, setzen viele Unternehmen auf die Digitalisierung von Prozessen. So auch bei Spritzgießmaschinen.

Verschiedene Spritzguss-Digitalisierungslösungen am Markt

Die Auswahl an Lösungen ist groß: Ob „arburgXworld“, „myconnect“ bei Sumitomo Demag, „TIG“ bei Engel oder „smartCube“ bei KraussMaffei – jeder Hersteller bietet sein eigenes System an. Allen ist gemein, dass mit ihrer Hilfe Spritzgießmaschinen befähigt werden, Daten zu generieren und zu analysieren, damit die Produktion besser planbar und produktiver wird.

Darüber hinaus sollen die Anlagen untereinander kommunikationsfähig werden. Der gesamte Maschinenpark kann permanent überwacht werden, alle Prozessparameter sind unter ständiger Kontrolle und werden erfasst. Bei Abweichungen ist ein sofortiger Eingriff möglich. Informationen über den Zustand der Maschinen ermöglichen zudem eine vorausschauende Wartung.

In einem Manufacturing Execution System (MES) laufen alle Produktionsdaten zusammen und die Fertigung kann geplant werden. Hier hat der Kunde die Gesamtanlageneffektivität (Overall Equipment Effectiveness, OEE) ständig im Blick. Bei Bedarf kann er umgehend korrigierend eingreifen. So wird die Produktivität der Spritzgießmaschinen mit Hilfe von Digitalisierung erhöht.

Hersteller-Lösungen beseitigen das Problem nur bedingt

Die Ansätze zur Digitalisierung sind vielfältig. Auf jeder Messe werden neue Systeme präsentiert, die es dem Nichtspezialisten erschweren, sich einen Überblick zu verschaffen.

Mit dem einen Paket gelingt etwa die vertikale Integration mit Anbindung an das Enterprise-Resource-Planning-System (ERP). So gibt es beispielsweise modulare Systeme, die alle relevanten Produktionsdaten der Spritzgießmaschine und der angeschlossenen Peripherie sammeln und diese an kundenspezifische Systeme zur Auswertung schicken.

Andere Anbieter setzen auf die Abbildung und Simulation von Prozessen, unter anderem mit digitalen Zwillingen. Hierbei lassen sich Simulationsdaten aus einer komplexen Spritzguss-Software direkt in die Maschine übertragen und umgekehrt Messdaten ins Simulationsprogramm importieren.

Gemeinsam ist vielen am Markt angebotenen Systemen, dass sie nur auf den Maschinen eines Herstellers funktionieren.

Wer drei Arburg-, zwei Engel- und vier Haitian-Maschinen hat, benötigt drei Lösungen. Er muss drei verschiedene Pakete kaufen, sie zeitaufwendig installieren lassen und seine Mitarbeiter auf ihnen schulen.

Weiterhin können bei den Hersteller-Systemen tiefe Eingriffe in die Maschine und die Steuerung nötig werden, sodass sich sogar die Bedienung verändern kann. Ältere Steuerungsversionen werden eventuell gar nicht angesprochen, und wenn, dann kommt es zu unterschiedlichen Visualisierungen und Bedienungen. 

Sollen Maschinen mit unterschiedlichen Schnittstellen wie Euromap, OPC UA und IO-Link angebunden werden, wird die Digitalisierung rasch zu einem aufwendigen Integrationsprojekt – mit all seinen finanziellen und zeitlichen Unwägbarkeiten.

 

Digitalisierung bedeutet in vielen Fällen hohe Anforderungen an die eigenen Mitarbeiter

Die Tools der Maschinenanbieter sind häufig komplex. Mit einer großen und unüberschaubaren Informationsvielfalt und -tiefe überfordern sie so manchen Bediener. Sie setzen erfahrene Mitarbeiter mit einem großen Fachwissen voraus, welche die Software nach intensiver Schulung beherrschen.

Was aber tun in Zeiten chronischen Facharbeitermangels, wenn beispielsweise nur angelerntes Personal an der Maschine steht oder bei Auftragsspitzen Leiharbeiter eingesetzt werden müssen? Zeitintensive Schulungen und lange Lieferzeiten von über einem halben Jahr machen die Einführung vieler proprietären Hersteller-Systeme sehr aufwendig. Ein Lösungsansatz ist die Vereinfachung und Vereinheitlichung von Erfassungs- und Optimierungsprozessen.